Historisches, kann gerne ergänzt oder korrigiert werden

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Tombombadil
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Beitrag von Tombombadil »

Geschichte des Strumpfes

1450 Während im Altertum und frühen Mittelalter die Behandlung der Krampfadern
(Varicen) vorzugsweise eine operative (Incision - Hippokrates, Glühhitze
- Celsius, Ätzung - Guy de Chauliac, Excision - Oribasius und Aiitius)
war, verwendet Giovanni Michele Savonarola lediglich einen festen Verband
und lässt dabei ruhige Lage mit erhobenen Füßen einhalten. Er wird da·
mit der Vorläufer der neuzeitlichen, überwiegend palliativen Behandlung
mit elastischen Strümpfen und Binden.

1559 Heinrich 11., König von Frankreich, trägt auf der Hochzeit seiner Tochter
Elisabeth (er findet dabei im Turnierkampfe mit dem Grafen Montgomery
seinen Tod) gestrickte,seidene, wahrscheinlich in Spanien angefertigte
Strümpfe. Es ist dies die erste Erwähnung gestrickter Strümpfe.
1564 Das im Altertum unbekannte Strumpfstricken ist wahrscheinlich im 16. Jahrhundert
zuerst in Spanien aufgekommen. Von da gelangt diese Fertigkeit nach England, wo William Rider i. J. 1564 aIs erster Strnmpfstricker genannt wird.
1589 Der englische Student der Theologie William Lee baut den ersten Handkulierstuhl
für Strumpfwirkerei in solcher Vollkommenheit, dass derselbe
auch heute noch in seiner ursprünglichen Form Verwendung
finden kann.
1709 Le Bon de Saint-Hilaire, Präsident der Handelskammer von Montpellier,
legt der Pariser Akademie der Wissenschaften einige Bekleidungsstücke
(Strümpfe und Handschuhe) vor, die aus den Spinnenfäden verschiedener
südfranzösischer Spinnenarten hergestellt sind. Die Hoffnung auf eine
praktische Verwertung der Spinnenseide wird freilich durch Reaumur
stark herabgemindert, welcher nachweist, dass 18000 Fäden der Kreuzspinne
erst einen Faden in der Stärke der Nähseide liefern. Doch ist eine Benutzung
der Spinnenseide in neuerer Zeit mehrfach wieder versucht worden.
1798 Deeroix kommt zuerst auf die Idee, die gewirkten Waren schlauchförmig
zu erzeugen und nimmt das erste Patent auf einen Rundstuhl, bei dem
die Nadeln im Kreise angeordnet sind und horizontal in der Richtung der
Radien eines Kreises stehen. Im Gegensatz zu diesem Stuhl, dem französischen
Rundstuhl, werden beim englischen Rundstuhl die Nadeln vertikal
und parallel zueinander angeordnet. Der Rundstuhl wird 1815 von Andrieux
so verbessert, das er auch das Mehren und Mindern der Maschenzahl gestattet,
wie es beim Wirken der Strümpfe nötig ist.
1808 Julien Le Roy in Paris erfindet eine Strickmaschine, die unter dem Namen
"Tricoteur francais" geht und ebenso, wie die durch Wilde 1834, Whitworth
1846 u. a. gemachten Verbesserungen die Ware flach ausgebreitet
strickt, wie dies auf dem gewöhnlichen Strumpfwirkerstuhl geschieht.
1826 Gregoire und Lombard in Nimes verbinden das Prisma, welches die gelochten
Karten des Jacquardstuhles enthält, mit dem Strumpfwirkerstuhl,
um Muster zu wirken.

1858 Der Engländer Townsend gibt dem englischen Rundstuhl eine wesentliche
Verbesserung, indem er statt der bisher gebrauchten Hakennadeln Zungennadeln
einführt, bei welchen die Maschenbildung viel einfacher vor sich
geht. Hiermit ist schon der Übergang zu den neueren Strickmaschinen
vollzogen, da die Arbeit der Zungennadeln dem Handstricken sehr ähnlich
ist.
1860 J. A. Eisenstuck in Chemnitz konstruiert eine Strickmaschine zum Stricken
von Strümpfen, die dem Rundwirkerstuhl nachgebildet ist, nur dass die
Nadeln nicht wie bei diesem im Kreise, sondern in vier geraden, ein
Quadrat bildenden Reihen angeordnet sind, ähnlich, wie es beim Hand·
stricken der Fall ist.
1866Lamb zu Valparaiso in Indiana baut eine Strickmaschine, bei welcher das
Hohlstricken durch eine geradlinige !leihe von Maschen erzielt wird. Diese
Maschine wird von Dubied und Watteville in Couvet verbessert und macht
den Strumpf ohne jegliche Naht vollständig fertig. Eine ähnliche Leistung
bringt die vom Schullehrer Christoffers in Farge bei Bremen erfundene
Maschine zuwege, die von Pfaff und Clacius in Hannover gebaut wird.
1868 Der Engländer Cotton erbaut den nach ihm benannten Cottonkulierstuhl,
der die leistungsfähigste Maschine für Massenerzeugung von Strümpfen und
andern Gebrauchsartikeln darstellt. Auf diesem Stuhl können 20-24 Strümpfe
gleichzeitig gefertigt werden, bei 70-80 Maschenreihen in der Minute.
Bei ihm besteht gegen die früheren Kulierstühle der prinzipielle Unterschied,
dass die Nadelbarre nicht mehr horizontal, sondern vertikal ist.
1894 Harry A. Housemann in Frankford-Philadelphia erfindet eine Rundstrick·
maschine, bei welcher der Schloßzylinder zwecks Erzeugung von Schlauchwaren
kreisende und zwecks Erzeugung von Flachware eine schwingende
Bewegung ausführt. Die Maschine wird unter dem Namen "Rundstrick-
maschine" von der Chemnitzer Wirkwarenmaschinenfabrik in den Umlauf gebracht. (1)

Erste englische Strumpffabriken mit Strumpfwirkmaschinen waren 1853 und 1854 gegründet worden.
1857 entwickelte Arthur Paget in Loughborough für die um die Existenz ringenden Wirker einen selbsttätigen Wirkstuhl. Er sollte die Besitzer in den Stand versetzen, sich gegen Konkurrenten aus England durchsetzen. Der Paget-Stuhl wurde mit Hilfe einer Kurbel betrieben. Auf den ersten Paget-Stühlen konnte nur ein Strumpf gefertigt werden. Die Stärke des Paget-Systems lag jedoch in der Arbeitsteilung. Dadurch ließ sich die Fabrikation regulär gewirkter Strümpfe wesentlich verbilligen.
C. G. Mosig verbesserte 1869 die mit Wasser- oder Dampfkraft angetriebene Paget-Stühle durch die gleichzeitige Herstellung von bis zu vier gewirkten Strümpfen. Obwohl sie effizient arbeiteten, waren sie kompliziert bei der Einrichtung und der Bedienung. Weitere Verbesserungen erfolgten durch den Franzosen Linard Hubert 1868. Er führte die "französische Minderung" ein - der Fußteil konnte nun automatisch mit hergestellt werden. Bis weit in die 1950er Jahre findet man Feinstrümpfe, Cottonstrümpfe, die derart gemindert wurden.
1875 erhielt die Firma Brauer und Ludwig in Chemnitz Patente zur Erzeugung vielfarbiger Ringelmuster und einfacher Pressmuster. 1875 erhielt der Fabrikant Poron Frères in Troyes ein Patent zur Herstellung von gerippten Strümpfen mit so genannten Patenträndern. 1860–1864 konstruierte William Cotton (England) die Cottonmaschine und erhielt auf seine Wirkmaschine mit senkrechter Nadelbarre und Kraftantrieb ein Patent. Die Erfindung der Cottonmaschine war von weittragender Bedeutung für den Großbetrieb, da auf ihr gleichzeitig bis zu 36 Strumpflängen selbsttätig mindernd hergestellt werden konnten und sie somit für die Massenproduktion eigneten.
1922 wurde eine Einrichtung und ein Verfahren zum Einlegen eines Gummifadens in Ränderwirkware geschaffen. 1925 wurde von der Firma Hilscher in Chemnitz die Flach-Ränder-Maschine zur Herstellung gerippter Bänder für gerippte Strumpfwaren hergestellt. Derart hergestellte Waren haben eine große Querelastizität und lassen sich bis zu 100 % dehnen. 1927 wurde von der Société Générale de Bonneterie in Troyes eine Vorrichtung zur Herstellung gerippter Strümpfe auf Cottonmaschinen erfunden. 1938 war auf den Cottonmaschinen mit dem mechanischen Aufdecken von Platinenmaschen die Herstellung komplizierter und feiner Strukturmuster, so genannter Ananasmuster möglich geworden.
Mit dem Aufkommen vollautomatischer Rundstrickmaschinen zur Herstellung von nahtlosen Damen-Feinstrümpfen um 1952 wurden die bislang zur Feinstrumpfherstellung verwendeten Cottonmaschinen allmählich ersetzt. (2)

Stricken kommt vom Fischen

In Europa wird die Entstehung des Strickens mit dem Knüpfen des Fischernetzes begründet. Der Fund einer gestrickten Wollhaube aus einem Moorgrab bei Borum wurde auf das 11. vorchristliche Jahrhundert datiert.
Die allerersten Stricktechniken entwickelten vermutlich die Asier. Bei Ausgrabungen fanden sich Strickarbeiten die noch früher datiert wurden: gestreifte Strümpfe und Socken bei denen zwischen der großen und der 2. Zehe ein Zwischenraum gelassen wurden (vermutlich für die Riemen der Sandalen).

Die ersten Stricknadeln

Die ersten Stricknadeln waren mit großer Sicherheit aus Knochen gefertigt. Vermutlich wurden zuerst relativ grobe Wollsachen gestrickt, zu Socken und Strümpfen kam es erst später, diese wurden zu dieser Zeit aus Stoff geschnitten und dann vernäht.

Die ersten Strickmaschinen

Durch die aufwendige und damit zeitintensive Herstellung von handgestrickten Socken waren genähte Strümpfe lange Zeit die gebräuchlichsten. Das änderte sich erst mit der Erfindung der 1. Strickmaschine ca. im 16. Jahrhundert. Der englische Student William Lee aus Nottingham versuchte die Strumpfstrickerei 1589 zu mechanisieren. Er erfand den ersten sog. Strumpfwirkstuhl: ein Stuhl der mit einem Sitzbrett für den sog. Wirker versehen war. Sein erster Wirkstuhl konnte in der Minute 600 Maschen bilden – ein geübter Handstricker in dieser Zeit im Gegensatz dazu „nur“ etwa 100 Maschen. Lee durfte seine Maschine nicht patentieren, denn Königin Elisabeth I. fand die Qualität der Socken zu grob, da sie nicht mit den handgestrickten feinen Seidenstrümpfen konkurrieren konnte. Es wird jedoch vermutet, daß das nur eine Ausrede war, denn zu dieser Zeit waren hunderte Handstricker beschäftigt und eine drohende Arbeitslosigkeit könnte der wahre Grund für das Verbot des Patents sein.
Der fleißige Student arbeitete jedoch weiter an seiner Maschine und konnte 1609 in London eine verbesserte Maschine präsentieren, die bereits 1.500 Maschen pro Minute stricken konnte. Doch sein Patentantrag wurde wieder abgewiesen. Lee ging dann nach Frankreich mit 8 Maschinen und 6 englischen Strickern zu König Heinrich dem IV. – er wollte den Franzosen die Strumpfherstellung beibringen.
Nach seinem Tod holte sein Bruder James Lee 7 der Wirkstühle nach England zurück, wo er sie überarbeitete und eine doppelt so hohe Feinheit hinbekam. Auch die bisher notwendigen 2 Arbeiter pro Maschine konnte er durch technische Veränderungen auf 1 Arbeiter pro Maschine reduzieren.
Bereits 1695 gab es in London etwa 1.500 Wirkstühle, zahlreiche waren nach Frankreich, Italien und Spanien exportiert worden (trotz eines Exportverbots von König Charles II.).

Industriespionage in der Strumpffabrik

Durch weitere maschinelle Verbesserungen wurden die Socken und Strümpfe aus den Maschinen so gut, daß sie in ganz Europa begehrt wurden. Die neue Beliebtheit führte natürlich zu enormer Nachfrage und so kam der 1. Industriespion: Jean Hindret aus Frankreich. Er gelangte 1656 an Konstruktionszeichnungen und brachte die Pläne nach Frankreich. Er eröffnete 1667 die erste Königliche Seidenstrumpfmanufaktur in der Nähe von Paris und von dort aus verbreiteten sich die Strumffabriken in ganz Frankreich.

Strumpfstrickmaschinen kommen nach Deutschland

James Lee (der Bruder des Erfinders) hatte damals 7 der 8 in Frankreich stehenden Wirkstühle zurück nach England geholt, der 8. Wirkstuhl kam mit seinem Arbeiter nach Venedig und wurde dort nachgebaut. Von dort aus verbreiteten sich die Maschinen in ganz Europa und um 1700 stand ein solcher Handwirkstuhl in Dresden.
Johann Esche, dessen Vater in der Nähe von Chemnistz eine Schwarzfärberei hatte, bekam den Wirkstuhl bei einem Strumpf-Einkauf zu sehen, studierte ihn und baute ihn aus Holz nach. Er gründete eine eigene Strumpfmanufaktur und sorgte so für den Grundstein der erzgebirgischen Strumpfindustrie (wo auch die Gründer von LINDNER Socken – Max und Meta Lindner – herkommen).
Die Strumpfstrickerei war früher oft ein Nebengewerbe, daß als Heimarbeit neben der Landwirtschaft ausgeübt wurde: der Vater wirkte an der Maschine, die Kinder sorgten für die Garnherstellung und die Mutter nähte die Strümpfe zusammen.
Mit der Zeit verdrängten die maschinell gestrickten Strümpfe die genähten und handgestrickten Strümpfe vom Markt.
Im Jahr 1785 wird in Chemnitz ein Strumpfwirker Linder erwähnt, der eine Vorrichtung zur Herstellung gerippter Strümpfe erfunden hat. (Wir gehen davon aus, daß es sich hierbei um Vorfahren von uns handelt.)
Einen großen Schritt vorwärts machte die Strumpfindustrie 1862, als Ronneberger und Roschen aus Sachsen ein Patent auf einen Handwirkstuhl bekamen, der Zwei-und-Zwei-Rechts-Rechts-Socken – also breitere Rippen – herstellen konnte. Jedoch konnten bisher nur gleich breite Stücke hergestellt werden, die zusammengenäht werden mussten.

Strumpfstrickmaschinen

Eine Reihe von Erfindern half zum Erfolg der Strumpfstrickmaschinen:
• 1769 erfand Samuel Wise den flachen Drehkulierstuhl (Untergestell mit Triebwelle)
• 1843 erfanden Egbert Egberts und Timothy Baley aus New York einen durch ein Wasserrad betriebenen Wirkstuhl der es auf 32 Maschenreihen pro Minute brachte
• 1836 erfand J.A. Delarothiere in Frankreich eine automatische Mindereinrichtung, die die Herstellung von 2 Strümpfen gleichzeitig erlaubte
• 1837 erfand Coltmann in England einen Drehwirkstuhl der mit Dampfkraft betrieben wurde
• 1838 wurde von Luke Barton in England ein Wirkstuhl patentiert, der mit Wasser- oder Dampfkraft arbeiten konnte, eine automatische Mindervorrichtung sowie mehrere Arbeitsstellen nebeneinander hatte – es war die erste Maschine die für einen Fabrik-Betrieb geeignet war
• 1839 bekamen Bauer und Jahn aus Sachsen ein Patent auf einen mechanischen Flachwirkstuhl, der in einem Arbeitsschritt bereits 5 Strumpflängen herstellen konnte und für die industrielle Strumpfherstellung geeignet war
• 1856 kam mit dem Wirkstuhl des Franzosen A. Simon eine Maschine auf den Markt die mit 4 Arbeitsköpfen versehen war und gleichzeitig 4 Strümpfe herstellen konnte; die Maschine wurde auf der Industrie-Ausstellung in Troyes präsentiert
• 1857 machte es sich Arthur Paget in England zur Aufgabe, einen selbsttätigen Wirkstuhl zu bauen, für die damals um ihre Existenz fürchtenden Wirker und Heimarbeiter; der Paget-Stuhl konnte mit Hilfe einer Kurbel bedient werden (die anderen Handwirkstühle mußten mit Händen und Füßen bedient werden) und konnte zwar nur 1 Strumpf herstellen, dafür allerdings wesentlich schneller
• 1868 verbesserte Linard Hubert aus Frankreich den Paget-Stuhl und nun konnte der Fußteil automatisch hergestellt werden (die naht verlief auf der Mitte der Fußsohle, sodaß sie sich der rückseitigen Längennaht des Strumpfes anschloß); diese Strumpfart findet man bis weit in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts
• 1860 bis 1864 konstruierte William Cotton in England nach dem Grundprinzip des Wirkstuhls von Lee die Cottonmaschine und erhielt darauf ein Patent; im Gegensatz zur Maschine von Paget konnten darauf zunächst 8, dann 12 und später bis zu 36 Strumpflängen hergestellt werden – die Massenproduktion war geboren!
Die Cottonmaschinen wurden fortan laufend verbessert und wurden weltweit verkauft. 1900 führte die Jacquardeinrichtung zu ungeahnten neuen Mustermöglichkeiten, denn jede Nadel konnte unabhängig von der anderen zur Arbeitsstellung ausgewählt werden. Diese neuen Möglichkeiten der Herstellung von aufwändigen Strümpfen führten zu den Jacquard- und Petinetmustern die wir auch heute noch kennen (Jacquard-Socken) und waren nach der schlichten früheren Mode sehr schnell äußerst beliebt.
1925 wurde von der Firma Hilscher in Chemnitz die sog. Flach-Ränder-Maschine für gerippte Strumpfwaren erfunden. Bei dieser Strickart wechselt eine rechte Masche mit einer linken Masche ab. Beide Strumpfseiten sind somit gleich und die Socken haben eine große Elastizität in der Dehnung.
Anfang der 1950er Jahre wurden die ersten vollautomatischen Rundstrickmaschinen zur Herstellung von nahtlosen Feinstrümpfen in Betrieb genommen. Die neuen Rundstrickmaschinen verdrängten fast alle Cottonmaschinen bis Ende der 1950er Jahre, denn damit konnte der Arbeitsprozess vereinfacht und die Produktion vergrößert werden.
Heute gibt es viele verschiedene Hersteller von Strumpfstrickmaschinen, jedoch kann es keine Maschine ohne einen gelernten Arbeiter und ohne Garn. (3)
1863
Theodor Groz produziert seine ersten Zungennadeln für die Strickerei in Ebingen. (4)

Textilindustrie in Apolda

Das Stadtmuseum zeigt in seiner Abteilung „Geschichte der Apoldaer Textilindustrie“ die Entwicklung des örtlichen Wirker- und Strickergewerbes. Die Wirkerei und Strickerei war mehr als 400 Jahre der Haupterwerbszweig der Apoldaer wie auch der Bewohner umliegender Ortschaften.
Am Beispiel des Werdeganges eines renommierten Unternehmens werden die Höhen und Tiefen die¬ses Industriezweiges dargestellt. Eine Vielzahl von Maschinen, Mustern und Bekleidungsstücken ver-anschaulichen den Entwicklungsprozeß, der sowohl die Stadt als auch ihre Bürger prägte.

Der Ursprung

In einem Erbzinsregister aus dem Jahre 1593 war ein „David der Strickermann“ verzeichnet. Es ist ein Hinweis darauf, dass bereits in dieser Zeit das Handstricken als Beruf ausgeübt wurde.
1654 und 1663 besuchten Apoldaer Strumpfhändler nachweislich die Messen in Leipzig und in Frankfurt (Oder). Aus dem Strumpfhändler wurde der VerIeger der nicht nur die Ware vertrieb, sondern auch die Wolle für die Stricker lieferte.
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1589 erfand der Engländer William Lee eine Maschine zur Strumpfherstellung, die 10mal schneller als ein Handstricker arbeitete. Für das Maschinenstricken bürgerte sich der Begriff Wirken ein. 1690 wurde der erste Strumpfwirkstuhl in Apolda aufgestellt. 1714 waren schon 257 Wirkstöhle in Betrieb. Apolda wurde zur bedeutendsten Manufakturstadt im Großherzogtum Sachsen-Weimar.
Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts kam es zu einem Niedergang des Gewerbes, ausgelöst durch den Verlust von Absatzgebieten, hohe Zölle im Inland und veraltete Maschinen.
Ende des 18. Jahrhunderts versuchten Verleger wie Christian Zimmermann, der sein Geschäft 1789 gründete, durch Umrüstung der Wirkstühle für neue Garne und Einführung neuartiger Maschinen die Wirkerei mit einem größeren Warenangebot zu forcieren.
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Die Wirkwarenfabrikation in Apolda im 19. Jahrhundert
Wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung der Apoldaer Strumpfwirkerei zur Textilindustrie waren der Beitritt des Großherzogtums zum Deutschen Zollverein 1834, die Errichtung einer Postexpedition in der Stadt 1844 sowie der Eisenbahnanschluß im Jahre 1846. 1856 wurde auf 1373 Wirkstühlen, darunter viele technische Neuerungen, gearbeitet.
Der allgemeine Aufschwung der Wirkerei führte zwischen 1850 und 1856 zu einer enormen räumliche Vergrößerung des Verlegergeschäftes Zimmermann. Zwar waren weiterhin Wirkermeister in eigenen kleinen Werkstätten für den Verleger tätig, aber die Firma ließ zunehmend Wirkstühle in ihren Räumlichkeiten aufstellen und gegen Lohn darauf arbeiten.
Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der hölzerne Wirkstuhl nach und nach durch mechanische Wirkstühle mit gußeisernem Unterbau ersetzt. 1855 importierte Christian Zimmermann & Sohn Kettenwirkmaschinen (Fangkettenstühle) aus England. Auf ihnen wurden Stoffe für Damenjäckchen (Spenzer) gewirkt, die nach der französischen Schauspielerin RACHEL FIIILIX (1820-1858) den Modellnamen „Rachel“ erhielten. Den Namen übertrug man auf diesen Maschinentyp, der fortan als „Raschelwirkmaschine“ bezeichnet wurde.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts prägten Fabriken und Werkstätten (Hausindustrie) die Apoldaer Textilproduktion. 1866 baute die Firma Christian Zimmermann das erste große Fabrikgebäude, ausgestattet mit Gasbeleuchtung und einer Dampfmaschine zum Betreiben der Wirkmaschinen. Waren bis dahin für viele die Wohn- und die Arbeitsstätte unter einem Dach gewesen, so mussten sich nun Arbeiter und Meister den Zwängen einer Fabrik unterordnen.
Die Apoldaer Hausindustrie basierte auf dem herkömmlichen Verlagssystem, allerdings mußten die Meister seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Maschinen kaufen. Die auf verschiedene Ar-beitsvorgänge spezialisierten Lohnmeister erhielten die Garne vom Verleger oder Fabrikanten, der auch die fertige Ware in den Handel brachte. Mit dem Einsatz neuer, leistungsstarker Maschinen verlor die Strumpfwirkerei in Apolda zugunsten der Produktion modischer Bekleidung ihre einstige Bedeutung. Modetrends wurden zum Regulativ der Apoldaer Textilfabrikation. Es entstand eine starken Konjunkturschwankungen unterliegende Saisonindustrie, die den Textilatbeitern einen ständigen Wechsel zwischen Arbeitslosigkeit und Arbeitszwang mit Überstunden und Sonntagsarbeit brachte.
Zwischen 1865 und 1890 entstanden aus Schlosserwerkstätten, die sich auf die Herstellung und Reparatur von Wirkstühlen spezialisiert hatten, Maschinenfabriken. Die größten Firmen produzierten bald über den Apoldaer Bedarf hinaus. In der Entwicklung und im Export von Raschelwirkmaschinen waren die Apoldaer Textilmaschinenfirmen lange führend.
In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde in Amerika und England die Strickmaschine entwickelt. Sie war platzsparend, leicht zu handhaben und billiger in der Anschaffung als große Wirkmaschinen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war sie die dominierende Textilmaschine Apoldas.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert waren fast alle Erwerbstätigen und auch viele Bewohner der um-liegenden Dörfer „in der Wolle“ oder „für die Wolle“ beschäftigt. 44% von ihnen arbeiteten direkt in der Wollwarenfabrikation, andere waren in Handwerksbetrieben, Dienstleistungsunternehmen oder in Industriezweigen tätig, die sich alle auf die Bedürfnisse der Wirk- und Strickwarenindustrie eingestellt hatten.

Strick- und Wirkwarenindustrie in Apolda zwischen 1914 und 1945

Zu Beginn des 1. Weltkrieges wurde Bekleidung für den Heeresbedarf hergestellt, doch 1917 war die Hälfte aller Apoldaer Textilmaschinen außer Betrieb. Nach dem Krieg brachten der erhöhte Bedarf an Textilien und die beginnende Inflation zunächst eine Konjunktur, der Maschinenpark wurde auf die Produktion hohen Gewinn bringender Modeartikel eingerichtet. Die Weltwirtschaftskrise 1929-1932 führte zu Lohnkürzungen, Massenentlassungen und Firmenzusammenbrüchen. Während andere Industriezweige aufgrund der Rüstungsproduktion unter dem nationalsozialistischen Regime florierten, blieb die Apoldaer Textilindustrie in der Krise. Anfang 1934 standen 7500 der Hauptproduktionsmaschinen still. Die überlebenden Betriebe verkleinerten ihre Produktions- und Lagerkapazitäten.
1938 verkaufte die Firma Zimmermann ihren 1880 errichteten Fahrikbau in der Bahnhofstraße an die Rheinmetall-Borsig AG, die das Gebäude ausschließlich für die Rüstungsproduktion nutzte. Im 2. Weltkrieg wurden viele Fabrikräume als Lagerhallen oder Lazarette genutzt oder dienten der Unterbringung von Zwangsarbeitern und Umsiedlern.

Die Strick- und Wirkwarenindustrie in Apolda zwischen 1945 und 1990

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam die Produktion trotz Garnmangel, ständigen Stromaus-fällen und fehlenden Facharbeitern langsam wieder in Gang. Anfang der 50er Jahre gab es den ersten volkseigenen Betrieb (VEB), der aus dem Zusammenschluss mehrerer enteigneter Unternehmen entstanden war; 90 Privatbetriebe und ca. 600 Werkstätten von Lohnmeistern.
Zu diesem Zeitpunkt waren mehr als 60% der Apoldaer Textilmaschinen älter als 20 Jahre. Mit dem ersten „Halbjahresplan“ hatte Mitte 1948 die Planwirtschaft eingesetzt.
In den Werkstätten der Lohnmeister, die als „private Handwerksbetriebe“ eingestuft waren, arbeitete man in traditioneller Weise sowohl für VEB als auch für Privatbetriebe.
1955 erfolgte ein staatlicher Zugriff auf diese Form des privaten Textilgewerbes. Bis 1959 entstanden 17 Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH). Maschinen und Anlagen der Lohnmeister wurden durch Ankauf genossenschaftlicher Besitz.
Apolda hatte im DDR-Maßstab einen sehr hohen Anteil an Privatbetrieben. Gemäß dem Ziel, das Privateigentum in der Industrie zu begrenzen, mußten ab 1956 die Privatbetriebe mehr oder weniger freiwillig eine staatliche Beteiligung aufnehmen. 1972 beschlossen SED und Ministerrat der DDR „Maßnahmen zur Weiterentwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse und zur Beseitigung von Erscheinungen der Rekapitalisierung“. Bis zum Mai 1972 entstanden in Apolda aus den PGH und Betrieben mit staatlicher Beteiligung 61 volkseigene Betriebe. Nach weiteren Umstrukturierungen gab es ah 1985 noch 7 VEB, verteilt auf 155 Produktionsstätten.
Im VEB Thüringer Obertrikotagen Apolda, dem größte Maschenwarenhersteller der DDR, waren 1988 2963 Arbeiter und Angestellte beschäftigt.
1990 bedeutete mit dem Ende der DDR auch das Ende der Planwirtschaft und der VEB, tausende Arbeitsplätze gingen verloren. Die Tradition des Strickergewerbes wurde dennoch weitergeführt: Im Frühjahr 2001 zählt Apolda 24 Privatbetriebe mit rund 300 Beschäftigten. (5)

1) Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik Ludwig Dannstaedters
2) Wikipedia
3) www.maxlindner.eu/geschichte-der-socken/
4) www.groz-beckert.com/de/unternehmen/geschichte/
5) Stadtmuseum Apolda
6)
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Ich bin altmodisch. Ich halte immer noch sehr viel von Anstand, Respekt und Loyalität.
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